Darmbakterien für ein gesundes Hirn

Darmbakterien für ein gesundes Hirn

München (netdoktor.de) – Trillionen von Bakterien besiedeln den
menschlichen Darm. Sie sorgen dafür, dass der Mensch Nahrung besser
verwerten und verdauen kann. Doch das ist nicht ihre einzige Aufgabe:
Offenbar sind sie auch wichtig für die Gesundheit des Gehirns. Dazu
kommunizieren die  Mikroben mit speziellen Immunzellen im Hirn. Ihre
Botschaft übermitteln sie mithilfe von Abbauprodukten aus der Nahrung.

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Freiburg haben Mäuse in
einer absolut sterilen Umgebung aufgezogen. Dadurch entwickelten diese
keine eigene Darmflora mit verschiedenen Bakterienkulturen. Bei einer
weiteren Gruppe von Mäusen töten die Forscher  die Darmbakterien mit
einer mehrwöchigen Antibiotika-Behandlung ab.

Verkümmerte Immunzellen 

In beiden Gruppen waren später neben der Darmflora auch die
Immunzellen des Gehirns beeinträchtigt. Die sogenannten Mikroglia-Zellen
waren verkümmert und unreif und reagierten kaum auf Entzündungsreize im
Hirn. Normalerweise beseitigen diese speziellen Immunzellen des Gehirns
eingedrungene Keime und entsorgen geschädigte Nervenzellen.

Sobald die Tiere in Berührung mit Mäusen mit intakter Darmflora
kamen, siedelten sich auch bei ihnen Bakterien im Darm an – und die
Immunabwehr im Gehirn sprang wieder an. „Je größer dabei die Vielfalt
der Darmbakterien war, desto besser entwickelten sich auch die
Mikroglia“, berichtet  Professor Marco Prinz, Ärztlicher Direktor des
Instituts für Neuropathologie in Freiburg. Die Studie weist somit auf
einen direkten Zusammenhang zwischen Darmbakterien und Immunzellen des
Gehirns hin.

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Informationsfluss zwischen Darm und Hirn

Darm und Hirn kommunizieren über Abbauprodukte von Nährstoffen, die
von den Bakterien im Darm zersetzt und wahrscheinlich mit dem Blut ins
Gehirn gelangen. Vor allem die Abbauprodukte von Ballaststoffen und
Milchprodukten – kurzkettige Fettsäuren – steuern die Reifung und
Funktion der Immunzellen im Gehirn. „Unsere Ergebnisse weisen auf einen
ständigen Informationsfluss zwischen Darmbakterien und Hirnmakrophagen
hin“, sagt Prinz.

Die Wissenschaftler vermuten, dass Störungen der Darmflora mit Hirnerkrankungen wie Alzheimer oder Multiple Sklerose zusammenhängen könnten. Sie betonen, wie wichtig eine ausgewogene Ernährung zur Vorbeugung von Hirnerkrankungen ist.

Nicht nur das Hirn profitiert von einer bakteriellen Artenvielfalt im
Darm. Weitere Studien zeigen, dass eine gesunde Darmflora vor
Entzündungen und vor Asthma schützen kann. (vv)

Quellen:

Erny,D. et al. Host microbiota constantly control maturation and
function of microglia in the CNS. Nature Neuroscience, 2015;
doi:10.1038/nn.4030

Mani S. et al.: Symbiotic Bacterial Metabolites Regulate
Gastrointestinal Barrier Function via the Xenobiotic Sensor PXR and
Toll-like Receptor 4. Immunity, 2014; DOI: 10.1016/j.immuni.2014.06.014

T Abrahamsson et al. Low gut microbiota diversity in early infancy
precedes asthma at school age. Clinical & Experimental Allergy,
2014 DOI: 10.1111/cea.12253